Sehnsucht nach der verlorenen Sonne - trunken vor Lust
Aber als ich einst nach der Insel Rügen reiste und dort meine Hochzeitsreise verbrachte, durchwanderte ich die Straßen der Insel und blickte an den Häusern entlang. Da fiel mir ein brauner Mädchenkopf am Fenster vom Haus an der Ostsee auf. Ich blieb stehen und starrte das Fenster an. Es schien, als ob das Mädchen mich beobachtete, aber als ich mich näherte, verschwand es plötzlich. Ich ging weiter und setzte mich schließlich in den Wagen, um die Umgebung zu erkunden. Während wir durch die Gegend fuhren, kamen Felder geflogen, weiche Sehnsucht erfüllte meine Seele. Die strahlende Sonne des Himmels, blaue Wonne, begleitete uns auf unserer Reise. Wir rollten dumpf donnernd dahin, bis der Tag erlosch und die Nacht herrschte. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, konnte ich nicht glauben, was ich sah. Vor dem Fenster unseres Hotelzimmers sah ich die strahlende Sonne, die sich langsam am Horizont emporhob. Trunken vor Lust betrachtete ich das Schauspiel, während meine Frau noch schlief.
Wir setzten unsere Reise fort und fuhren durch ein Alpenthal, vorbei an Felsen und Tannen. Droben glühte ein Schneeberg im Abendstrahl. Ich war trunken vor Lust und schaute gebannt aus dem Wagenfenster. Plötzlich wurde die Landschaft von Finsternis und Frost überfallen, doch dann erleuchtete der Sonnenaufgang die kalte, trübe Kammer, in der ich auf einem elend knochigen Polster und unter einer rauchigen Decke lag. Ich stand auf und öffnete die grämliche Türe. Verwirrt und benommen stand ich auf dem Flur und fragte mich, was gerade passiert war. War das alles nur ein verhauchter Traum gewesen? Oder war es wirklich geschehen? Ich schüttelte den Kopf und beschloss, mich auf den Weg zurück in mein Hotelzimmer zu machen. Doch als ich an unserem Zimmer ankam, war es verschlossen. Ich rief nach meiner Frau, aber niemand antwortete. Schließlich schaffte ich es, die Tür zu öffnen und fand meine Frau schlafend im Bett vor. Ich setzte mich zu ihr und dachte darüber nach, was ich gerade erlebt hatte. War es eine Vision? Oder war es eine Warnung? Ich konnte es nicht sagen, aber ich wusste, dass ich nie wieder so trunken vor Lust sein würde wie in diesem Moment.
Ich erwachte mit einem Ruck und sah mich um. Ich war nicht mehr in meinem gemütlichen Ferienhaus auf Rügen, sondern in einem alten, verfallenen Herrenhaus mitten im Wald. Die Nacht war still und dunkel und ich spürte eine eisige Kälte, die von den Wänden zu kommen schien. Plötzlich hörte ich ein seltsames Knarren und Knacken, als ob sich etwas näherte. Ich wagte es nicht, mich zu bewegen, als ich sah, wie sich die Tür langsam öffnete und ein nebliger Schatten hereinkam. Es war der Geist eines verstorbenen Herrn, der einst in diesem Haus gelebt hatte. Mit einem zynischen Grinsen begrüßte er mich und erzählte mir seine traurige Geschichte. Er hatte vor vielen Jahren seine Frau verloren und seitdem konnte er keine Ruhe finden. Immer wieder kam er in sein altes Zuhause zurück, auf der Suche nach dem Glück, das er einst gehabt hatte.
Ich versuchte ihm zu helfen, doch er schien nicht zu hören. Stattdessen trieb er sein Unwesen im Haus und ließ mich an seinen schaurigen Spielen teilhaben. Mal ließ er Gegenstände schweben, mal machte er unheimliche Geräusche. Doch je länger ich mit ihm sprach, desto mehr verstand ich seine Einsamkeit und sein Leid. Am Ende gelang es mir, ihn zu überzeugen, endlich seinen Frieden zu finden und weiterzuziehen. Er verschwand langsam und ich blieb allein in dem alten Herrenhaus zurück. Doch ich wusste, dass ich nie wieder einen Geist so merkwürdig, zynisch und makaber wie ihn treffen würde.
